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23. Tag Torrente Cicogna bis Revine
Obwohl wir nicht eben früh aufstehen, ist das Zelt noch taunass und bleibt es eine ganze Weile. Nachdem wir über eine Stunde darauf gewartet haben, dass die Zeltplane wenigstens ein wenig trocknet, geben wir auf und verpacken alles nass wie es ist. Im Austausch gegen die hohe Feuchtigkeit ist es wenigstens angenehm warm.
Wir suchen uns den Weg zurück zur Straße und beginnen einen langen, langweiligen Aufstieg über Pian del monte und Tassai nach Valmorel. Die Temperaturen sind inzwischen gestiegen und auf der über weite Strecken schattenlosen Straße geht es sich gar nicht schön. X. lässt ihre gefunden Skistöcke zurück. Vielleicht freut sich ja ein Wanderer nach uns über sie. In Valmorel essen wir erst einmal Eis in einer schattigen Bar und wegen des großen Hungers gönnen wir uns noch ein Nudelgericht. Vermutlich haben wir eben das Mittagessen mit der Wirtsfamilie geteilt. Ein älterer Herr mit einem Kleintransporter fragt, ob er uns ein Stück mitnehmen soll. Wir lehnen das verlockende Angebot ab, von dem ich nicht ganz sicher bin, ob es mich mit einschloss. Zu Fuß verlassen wir Valmorel auf der Landstraße. Ein paar hundert Meter hinter dem Dorf geht ein Weg links ab den Berg hinauf. An ein paar Grillplätzen vorbei kommen wir zur Casera Montegal; ausnahmsweise wird hier nicht eingekehrt sondern tapfer weitergegangen. Es geht zunächst über ein paar Kuhweiden sanft bergauf, dann aber sehr steil durch den Wald Richtung Pass. Wir kommen an einem italienischen Rentnerpaar vorbei. Die ältere Dame bekommt sich gar nicht mehr ein als sie X. unter dem Rucksack den Berg hinauf keuchen sieht. ?Madonna, la povre puella? oder etwas ähnlich Klingendes, ruft sie. Schön das unsere Anstrengungen von den Einheimischen hier so gewürdigt werden.
Frisch motiviert erreichen wir ein kleines Gasthaus auf dem Pass und kehren ein. Am Nebentisch repariert ein Mann mit viel Lärm eine Motorbetriebene Wasserpumpe. Ich mache ohne Rucksack einen schnellen Abstecher auf den Gipfel über dem Gasthaus. Im Norden die Alpen, im Süden, unter einer Dunstglocke Oberitalien - flach wie ein Tisch. Das Mittelmeer kann man allerdings noch nicht sehen, nur einen endlosen Flickenteppich aus Industrie- und Wohngebieten aufgelockert durch Felder.
Ins Tal gehen wir aus Bequemlichkeit auf der Serpentinenreichen Straße, was sich als böser Fehler herausstellt. Es entstehen viele neue Blasen an unangenehmen Stellen und der Knieschnapper schlägt zu. In Revine angekommen wird zunächst auf ein Bierchen eingekehrt und gefeiert, dass dies nun der absolut letzte erwähnenswerte Berg zwischen München-Venedig war. Ab jetzt nur noch Flachland. Als Verpflegung kaufen wir eine Salami in der Metzgerei nebenan. Der Metzger verkauft sie uns aber erst nachdem er mit einem 5-minütigem Vortrag auf italienisch sicherstellen konnte, dass wir wirklich begreifen von welchem Tier diese Salami kommt. Vielleicht hat er schlechte Erfahrungen mit Pferdenarren aus Deutschland gemacht. Wer weiß es? Wir gehen noch ein Stück der nächsten Etappe bevor wir am Lago die Santa Maria unser Zelt auf einer Wiese aufschlagen. Vom See her besuchen uns Schaaren von Mücken; an Wasser kommen wir nicht, weil das Ufer zugewachsen ist und in der Nacht findet um uns herum ein improvisiertes Motorradrennen statt.
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